Die administrative Landschaft des Unternehmens war geprägt von historisch gewachsenen Prozessen und einer heterogenen System-Umgebung. Das ERP-System bildete zwar das Rückgrat der Produktion, doch drum herum hatte sich ein komplexes Geflecht aus Insellösungen entwickelt. Mitarbeiter verbrachten täglich Stunden damit, Daten manuell zwischen Systemen zu übertragen und Standardprozesse händisch abzuarbeiten.

Besonders kritisch war die Situation in der Qualitätssicherung, der Materialdisposition und im Reklamationsmanagement. Die manuelle Bearbeitung führte zu langen Durchlaufzeiten, erhöhter Fehleranfälligkeit und einer mangelnden Transparenz über den aktuellen Prozessstatus. Die IT-Abteilung war mit der steigenden Anzahl an Anfragen nach Prozessdigitalisierung überfordert, was zu einem wachsenden Backlog an ungelösten Digitalisierungsanfragen führte.

Als Digital Transformation Lead übernahm ich die Gesamtverantwortung für die Konzeption und Umsetzung der Low-Code-Strategie. Dies umfasste nicht nur die technische Implementation, sondern vor allem auch den kulturellen Wandel hin zu einer selbstständigeren Digitalisierung durch die Fachabteilungen. Ich etablierte ein Cross-Functional-Team aus IT-Experten und Fachbereichsvertretern und entwickelte ein Governance-Framework für die sichere und effektive Nutzung der Low-Code-Plattform.

Die größte Herausforderung lag in der Balance zwischen Eigenständigkeit der Fachabteilungen und notwendiger IT-Governance. Wir mussten sicherstellen, dass die entwickelten Lösungen sowohl den Sicherheitsanforderungen als auch den Integrationsstandards des Unternehmens entsprechen. Gleichzeitig galt es, die Skepsis der IT-Abteilung gegenüber "Schatten-IT" zu adressieren und die Fachabteilungen von ihrer neuen Rolle als "Citizen Developer" zu überzeugen.

Technisch stellte besonders die Integration mit dem bestehenden ERP-System eine Herausforderung dar. Die Schnittstellen mussten sowohl performant als auch sicher gestaltet werden, ohne die Stabilität der Kernprozesse zu gefährden.

Wir entschieden uns für einen zweistufigen Ansatz: Zunächst implementierten wir eine zentrale Low-Code-Plattform und bildeten ein Kernteam aus "Power Usern" in den Fachabteilungen aus. Diese Champions fungierten dann als Multiplikatoren in ihren Bereichen und unterstützten ihre Kollegen bei der Prozessautomatisierung.

Die Auswahl der Low-Code-Plattform erfolgte nach einem strukturierten Evaluierungsprozess, bei dem besonders die Benutzerfreundlichkeit, Integrationsfähigkeit und Skalierbarkeit im Fokus standen. Parallel entwickelten wir ein Governance-Framework, das klare Leitplanken für die Entwicklung und den Betrieb von Low-Code-Anwendungen setzte.

Die Implementation begann mit einem zweimonatigen Pilotprojekt in der Qualitätssicherung, wo wir den Reklamationsprozess automatisierten. Der schnelle Erfolg - eine Reduzierung der Bearbeitungszeit um 80% - schuf die notwendige Akzeptanz für die weitere Ausrollung.

In den folgenden Monaten etablierten wir ein "Digital Factory" Team, das systematisch weitere Prozesse identifizierte und priorisierte. Durch regelmäßige "Automation Workshops" wurden die Fachabteilungen schrittweise befähigt, eigene Prozessverbesserungen umzusetzen. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Wiederverwendbarkeit von Komponenten und der Etablierung von Best Practices.

Die Ergebnisse übertreffen die ursprünglichen Erwartungen deutlich. Neben der 70-prozentigen Zeitersparnis in administrativen Prozessen erreichten wir:

• Eine Reduktion der Fehlerquote in dokumentenbasierten Prozessen um 90%
• Die erfolgreiche Automatisierung von über 30 geschäftskritischen Prozessen
• Eine Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit um 40%
• ROI innerhalb von 6 Monaten durch Effizienzsteigerungen
• Eine Reduzierung der IT-Projektbacklogs um 60%

Die erfolgreiche Implementierung hat gezeigt, dass der Schlüssel zum Erfolg in der richtigen Balance zwischen Empowerment und Kontrolle liegt. Besonders wertvoll war die frühe Einbindung der IT-Abteilung als Partner und Enabler. Die Etablierung klarer Governance-Strukturen von Beginn an verhinderte das unkontrollierte Wachstum von Schatten-IT.

Die Lösung basiert auf einer führenden Enterprise Low-Code-Plattform, ergänzt durch robuste Integrationskomponenten für das SAP-System. Für das Monitoring und die Prozessanalyse implementierten wir ein Business Activity Monitoring-System, das kontinuierliche Prozessverbesserungen ermöglicht.

Die Initiative hat weit mehr bewirkt als nur Prozessverbesserungen. Sie hat eine neue Kultur der digitalen Innovation etabliert, in der Fachabteilungen aktiv an der digitalen Transformation mitwirken. Das Unternehmen verfügt nun über ein skalierbares Framework für kontinuierliche Prozessverbesserungen und ist deutlich agiler in der Anpassung an neue Geschäftsanforderungen.